Bruce Springsteen live in Düsseldorf 2023

Bruce Springsteen Pressefoto credit Danny Clinch

Ein magischer und rauschhafter Sommerabend in Düsseldorf. Bruce Springsteen und seine E Street Band versetzen die Fans in Ekstase

von Gérard Otremba

Sieben geschlagene Jahre musste man in Deutschland auf Konzerte von Bruce Springsteen und seiner E Street Band verzichten. Pandemiebedingt war die Durchführung einer Tour zum letzten, 2020 veröffentlichten und von uns besprochenen Album „Letter To You“ (es folgte noch das Soul-Cover-Album „Only The Strong Survive„, 2022) nicht früher realisierbar. Sieben Jahre sind eine verdammt lange Zeit für Springsteenianer, Entzugserscheinungen für viele die logische Folge. War die „The River“-Tour 2016 mit den von uns besuchten Konzerten in München und Berlin noch von den wie sonst immer bei Bruce Springsteen üblichen und gravierenden Änderungen in der Setlist geprägt, so stand bereits mit den Gigs in den USA fest, dass der „Boss“ bei seinen

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Live-Darbietungen 2023 an eine bestimmte Reihenfolge seiner Songs festhalten und nur punktuelle Songwechsel vornehmen würde. Diese Nachricht mag für alteingesessene Fans fast schon ein wenig enttäuschend gewesen sein, das Konzert in Düsseldorf war es gewiss nicht.

Überpunktlicher Konzertbeginn von Bruce Springsteen

Die erste von insgesamt vier in Deutschland angesetzten Shows am 21.06.2023 in der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena (weitere Konzerte folgen am 15.07. in Hamburg, am 21.07. Hockenheimring sowie am 23.07. in München) beginnt überaus pünktlich um 18.58 Uhr mit dem Einzug der Gladiatoren, zum Schluss natürlich Bruce Springsteen himself, sowie dem Tour-Debüt von „The Ties That Bind“, also sofort eine kleine und überaus positive Überraschung. Bruce Springsteen und seine E Street Band, also Roy Bittan (Piano, Synthesizer), Nils Lofgren (Gitarre), Garry Tallent (Bass), Stevie Van Zandt Gitarre, Vocals), Max Weinberg (Drums) sowie mit Soozie Tyrell (Violine, Gitarre, Vocals), Jake Clemons (Saxophone) und Charlie Giordano (Keyboards) samt Unterstützung an Perkussion, Chor und Bläsern sind mit dem ganz großen Geschirr unterwegs und hängen sich sofort so rein, als gäbe es kein Morgen mehr.

Das enthusiastische Düsseldorfer Publikum

Bis auf das begrüßende „Hallo Düsseldorf“ gibt es lange auch keine Ansprache vom „Boss“, nur die Musik zählt und das ist Rock’n’Roll pur. Die Songs fließen fast durchgängig ineinander über, lediglich unterbrochen vom „One, two, three, four“-Anzählen. Nach gut 40 Minuten machen sich schon erste Heiserkeitssymptome beim Schreiber dieser Zeilen bemerkbar, kein Wunder bei Klassikern wie „No Surrender“, „Prove It All Night“, „Promised Land“, „Out In The Streets“ und „Candy’s Room“. Hier werden nicht nur Springsteens Stimmbänder über Gebühr strapaziert. Bei „Ghosts“ die erste Annäherung zu den Fans und allein Springsteens Zusammenspiel an der Harp mit Jake Clemons‘ Saxophon bei „The Promised Land“ ist sein Eintrittsgeld wert. Das schräge „Kitty’s Back“ stand so lange nicht mehr auf der Setlist, dass es auch für mich eine Live-Premiere war (Zeit für Bruce, sich die Haare zu richten, während Little Steven einen Gitarrenfeedbackton hält), gebührend gefeiert vom enthusiastischen Düsseldorfer Publikum.

Ein emotionaler Höhepunkt

„Nightshift“ gerät zu einer ultimativen Soul-Messe, „Mary’s Place“ dient in den Strophen zur Erholung, bevor es mit den nchsten beiden Songs zum emotionalen Höhepunkt kommt. „The River“ auf „My Hometown“ folgen zu lassen, kann man einfach nur als ein Geniestreich Springsteens ansehen, da dürfen auch starke Männer weinen, die Performance eine Meisterleistung. Ein schwelgerischer wie trauriger Moment dieses großartigen Auftritts. Vor der Akustikversion von „Last Man Standing“ erzählt Bruce Springsteen dann doch noch eine Geschichte, und zwar die vom vom verstobenen George Theiss, Sänger seiner ersten Band aus den 60er-Jahren, The Castiles. Er sei nun der letzte Überlebende dieser Formation, so der im September 74 Jahre alt werdende Superstar, eine Tatsache, sie ihn schwer zum Nachdenken brachte, mit der Erkenntnis, wie wichtig es sei, jeden Moment zu leben.

Das geht alles natürlich nicht spurlos an einem vorbei, danach aber folgt ein Hit nach dem anderen und bringt die 43 000 Fans in der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena zum Kochen.

Ein Bruce-Springsteen-Endspurt und Zugabenblock zum Niederknien

An diesem Abend stimmt einfach alles. Sommerliche Temperaturen von 27, 28 Grad auch am Abend noch, eine entfesselt aufspielende E Street Band, der „Boss“ in Höchstform, ein donnerndes „Backstreets“ und ein „Because The night“ zum Niederknien (auch wenn sich Nils Lofgren beim Gitarrensolo nicht mehr 30 Mal um sich selbst dreht). Der Beginn des fulminanten Endspurts mit „Badlands“ und „Thunder Road“, besser kann ein Bruce-Springsteen-Konzert kaum enden. Die Rocklegende und seine Getreuen verlassen nach der Verbeugung erst gar nicht die Bühne und machen direkt mit dem Zugabenblock weiter. Der bedeutet eigentlich nur noch big party. Längst hält es niemanden auf den Tribünen auf den Sitzen. „Born In The U.S.A.“, „Born To Run“, „Bobby Jean“, „Glory Days“ (nein, richtig erkannt, keiner will schon nah Hause gehen), „Dancing In The Dark“ und „Tenth Avenue Freeza-Out“ hintereinander weg schenken den Fans einen nicht enden wollenden Rauschzustand.

Den magischen, knapp dreistündigen Abend beendet und veredelt Bruce Springsteen solo mit „I’ll See You In My Dreams“. Glorreich und phantastisch, ekstatische Rockmusik von einem anderen Stern. Glückwunsch an alle, die Bruce Springsteen demnächst auf dieser Tour noch sehen können (ich in Hamburg am 15.07.). Diese Shows wird man so schnell nicht vergessen.

(Beitragsbild von Danny Clinch, Pressefoto Live Nation)

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